Bild: Miljan Živković /Adobe Stock

Mach dein Ding – und lass dir nicht reinreden

„Ich will Polizistin werden“ – seit Giulia diesen Satz vor zwei Wochen beim Abendessen ausgesprochen hat, hat sie keine Ruhe mehr. „Das ist doch viel zu gefährlich“, meint ihr Vater. „Du hast doch so gute Noten in Betriebswirtschaft“, sagt ihre Mutter und fährt fort: „Mach doch lieber eine kaufmännische Ausbildung. Damit kannst du dann später auch den Betrieb von Papa übernehmen.“ Die Eltern wollen natürlich nur das Beste für Giulia. Aber müssen sie ihr bei der Berufswahl reinreden? Besser nicht! Wir verraten dir, warum Eltern nicht die besten Ratgeber sind, wenn es um deine berufliche Zukunft geht.

1. Eltern übertragen gerne ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen

Mit ihren Tipps zur Berufswahl hegen Eltern gute Absichten. Sie wollen, dass es dir in Zukunft gut geht. Allerdings ziehen sie dabei oft ihre eigenen Wünsche heran. Sie fragen nicht, ob diese auch deinen Vorstellungen entsprechen.

Beispiele:

  • Du willst eine Ausbildung im Handwerk machen. Dein Vater ist Handwerker und rät dir davon ab, weil er in seinem Job unzufrieden ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass du mit einem handwerklichen Beruf ebenfalls unzufrieden sein würdest.
  • Deine Mutter rät dir zu einer Berufsausbildung bei der Bundeswehr, weil du dort einen sicheren Beruf hast und gut verdienst. Vielleicht sind dir aber Sicherheit und Geld gar nicht so wichtig und du würdest lieber einen kreativen Beruf wählen.
2. Du bist alt genug für eigene Entscheidungen

Deine Eltern können dich bei der Berufswahl unterstützen. Sie können dir Ideen geben, dich zu Berufsmessen begleiten und sich mit dir über deine Wünsche und Ziele austauschen. Du hast jedoch ein Alter erreicht, um eigenverantwortlich zu handeln und dich abzugrenzen. Hinterfrage die Ideen deiner Eltern, höre in dich hinein: Was willst du wirklich? Nicht deine Eltern müssen hinter deiner beruflichen Entscheidung stehen, sondern du! Die Berufswahl ist eine sehr individuelle Entscheidung, bei der du dich nicht beeinflussen lassen solltest.

3. Eltern beurteilen ihre Kinder subjektiv

Es ist völlig normal, dass Eltern in ihren Kindern ganz viele vermeintliche Talente entdecken. Sie sind schließlich stolz auf dich! Dass viele Kompetenzen völlig normal für Jugendliche in deinem Alter sind, sehen sie nicht. Schwierig ist es, wenn sie dir anhand der Kompetenzen zu irgendwelchen Berufen raten und alles andere, was sonst noch mit dem Beruf zu tun hat, ausblenden. Hier ist es sinnvoller, sich eine objektive Meinung von außen einzuholen, etwa von der Berufsberatung. Diese hat einen neutralen Blick und bessere Kenntnisse von einzelnen Berufsfeldern.


Beispiel:
Du kochst gerne und gut. Deine Eltern denken, dass eine Ausbildung zum Koch oder zur Köchin genau das Richtige für dich wäre. Vielleicht lassen sie aber aus den Augen, dass du mit Stress nur schwer umgehen kannst, Lebensmittelallergien hast oder keine Nachteule bist. Damit ist eine Kochausbildung vielleicht doch nicht die beste Berufswahl.

4. Hinter dem Rat der Eltern stecken oft eigene Interessen

Im Fall von Giulia wird es deutlich: Sie soll eine kaufmännische Ausbildung machen, um später mal das Familienunternehmen zu übernehmen. Es ist verständlich, dass sich die Eltern das wünschen. Schließlich haben sie viel Zeit, Geld und Herzblut in das Unternehmen gesteckt und würden es nur ungern in fremden Händen wissen. Ähnlich verhält es sich, wenn dir deine Eltern dazu raten, denselben Beruf wie sie zu erlernen oder im selben Unternehmen zu arbeiten, in dem sie beschäftigt sind.

Beispiel:
Deine Mutter arbeitet als Steuerfachangestellte in einer kleinen Steuerkanzlei. Sie mag ihren Job und hat einen guten Draht zum Chef. Sie ist der Meinung, dass du dort richtig gut reinpassen würdest und könnte dir dort durch ihre Kontakte einen Ausbildungsplatz organisieren. Willst du in ihre Fußstapfen treten? Willst du mit deiner Mutter zusammenarbeiten? Willst du, dass Berufs- und Privatleben miteinander verschwimmen?

5. Eltern sind keine Berufsberater:innen

Der Arbeitsmarkt ist in permanentem Wandel. Es gibt heute Berufe, die vor 20 oder 30 Jahren noch undenkbar waren. Die fortschreitende Digitalisierung, Globalisierung und die Klimakrise sorgen für neue Branchen und Berufsbilder. In diesem Wust an Möglichkeiten haben nur wenige einen Überblick. Deine Eltern raten dir vermutlich aus mangelndem Wissen zu eher bekannten Berufen. Vielleicht wäre aber einer der neueren Berufe wie Gestalter:in für immersive Medien, E-Commerce-Kaufmann/-frau oder Elektroniker:in für Gebäudesystemintegration genau das Richtige für dich!

6. Erwartungshaltungen üben Druck aus

Egal, welche Erwartungen deine Eltern im Hinblick auf die Berufswahl haben: Folge diesen nicht, wenn du es nicht wirklich willst! Erwartungshaltungen üben auf uns einen Druck aus. Wir wollen den anderen gerecht werden und sie nicht enttäuschen. Doch dabei werden wir uns selbst nicht immer gerecht. Triffst du eine Berufswahl aus reinem Pflichtgefühl heraus, wirst du langfristig damit kaum glücklich werden. Du hast noch viele Berufsjahre vor dir. Diese solltest du nicht mit Aufgaben füllen, die dich nicht erfüllen.

Eltern meinen es gut – manchmal vielleicht auch zu gut – mit einem. Wenn es um die Berufswahl geht, sind sie wichtige Ansprechpartner und Unterstützer. Viele neigen jedoch dazu, die Regie zu übernehmen und dich in deiner Berufswahl zu beeinflussen. Davon solltest du Abstand nehmen und auf deine innere Stimme hören. Mach dein Ding!

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